-28.1. Schlafstörungen, Kopfkissen in Wodka getränkt. Lautes
nächtliches Pfeifen läßt sich nicht lokalisieren. Gegen Morgen
Heizkörper abgeschraubt, keine Änderung. In der Nacht wieder
Angst, vor dem Fenster könnten Aborigines auf Traumtröten blasen.
-30.1. Unverändert Schlafstörungen. Gläschen zählen erfolglos.
Fläschchen Baldriantiktur (68%) ex. Hätte sicher Schlaf gefunden,
wenn sich die Nachbarskatze nicht schreiend auf meinem Gesicht
gewälzt hätte. Hände gerungen. Schwedenbitter, Harndrang.
-12.2. Früh zu Bett, um Mitternacht wegen Schlaflosigkeit wieder
aufgestanden. Unter Zuhilfenahme aller Finger mindestens bis
fünfzehn gezählt, dabei manches Mal die Augen verdreht und den
Mund verzogen. Nachbarkeller aufgebrochen, getrunken.
-14.2. Teures Mittel gegen Magnesiummangel gekauft. Viel von
Paralleluniversen gelesen, versucht hinzugelangen, häßlicher
Sturz. Noch am Boden liegend Wunder erlebt! Verstorbener Groß-
vater erschien, um mir Scharlachbergflasche hinzustellen.
Große Hilfe.
-20.2. Ich warf alles nach jedem. Ruhe erlangt durch Insel-Samos.
-27.2. Wegen Henriette in der "Schimpansenbar". Verbrüderungs-
szenen im Keller, Whisky aus Schuhen, zuletzt wieder so eine
dreiste Person rittlings auf mir. Nach heimischer Badewanne
gesehnt (Eierlikör-Oberkörpereinreibung), später des Nachts
urethrale Schikanen.
-1.3. Perfekter Tag. Spät abends habe ich mir dann noch ein
Käsebrot geschmiert und mich draufgesetzt. Viel Wein.
-10.3. Obsession beschlossen: ins Treppenhaus schleichen und das
entblößte Gesäß an die Wohnungstür gegenüber drücken. Der ver-
gilbte Lack muß angenehm kühl sein. Wann werde ich es zum
erstenmal tun?
-11.3. Obsession ist Scheiße. Anläßlich eiliger Flucht vor
Nachbarin vom eigenen Schlafrock zu Fall gebracht. Liegen-
geblieben, totgestellt. Tiefe Scham, später massives Trinken.
-19.3. Nachgedacht über Worte eines Freundes: "Die Sonne müßte
Nachts scheinen, am Tage ist es doch sowieso hell."
Wieder geweint. Rum.
-4.4. Allein im Haus. Vorsichtig Bällchen in alle Zimmer
geworfen. Keine Reaktion. - Hastig getrunken, übergeben (5x).
-9.4. Zwecks Betrachtung des Sonnenunterganges Rangierbahnhof
aufgesucht. Allergrößtes Mitleid für zwei alte D-Zugwagen auf
dem Abstellgleis empfunden. Ihr Anblick ließ mich aufschluchzen
und unter konvulsivischen Zuckungen Liter von Tränen vergießen.
Erst lange nachdem man mich in eine Nachtbar fortgeschafft
hatte und mir unter stetigem Einschenken gut zuredete, konnte
ich nach und nach zur Ruhe kommen.
-15.4. Wieder "Schimpansenbar". Auf der Heimfahrt vom Taxi-
fahrer Nottaufe erhalten. Lange gemeinsam Mond betrachtet und
Geld gezählt.
-27.4. Haydn gehört, Flaschen leergetrunken.
-2.5. Gestern im Ärztehaus. Drei Stunden in der falschen Arzt-
praxis gewartet, dann versehentlich Termine bei Heilgymnastin
besorgt. Panik im Treppenhaus verursacht, Hausverbot in der
Apotheke. Schändlich besoffen, beidseitiges Trommelfellflattern.
-8.5. Letzten Abend mit zwei Flaschen Chianti im Opernhaus,
"Orpheus und Eurydike", sehr geschimpft. Nichts ist so ekelhaft
wie Knabensopran, darüber hinaus vehement bemängelt, daß Orpheus
von einer Frau (Zarah Leander?) gesungen wird. Jede Kontrolle
verloren, hinausgetragen worden. Überfallkommando, sehr ver-
stimmt, Gaderobenfrau wollte mich mit ihrer mißratenen Tochter
verkuppeln.
-10.5. Im Kino wieder zwei Finger abgestorben. Im Foyer Hans
und Rose getroffen, die sich als Junge und Mädchen verkleidet
hatten. Unguter Auftritt in der Bar, Notarztwagen.
-14.5. Mit Henriette weißen Rheinwein probiert. In Karohemden
stundenlang an der Decke gekniet. Immer gesagt: "Aufpassen,
daß sich nichts verschiebt (Ebenen!)." Gegen Morgen heftige
Önomanie. In der Notaufnahme Akten vernichtet.
-29.5. Gedicht geschrieben: "Managerschulung - ritsch ratsch
reisele, geht die Welt im Kreisele"; Rotwein, in der Badewanne
eingeschlafen, Prostataentzündung.
-2.6. Viel Gin auf Anraten Hansens, Wasserlassen klappt besser.
-9.6. Der Arzt macht mir Hoffnung; ich höre, wie die Urologen
lachen. Heute zum ersten Mal versehentlich Wein in die Pfeife
geschüttet.
-12.6. Es wird behauptet, ich hätte letzte Nacht versucht, im
Schlafanzug den Straßenverkehr auf der Kreuzung zu regeln.
Mißtrauen, unsicher und verkrampft getrunken.
-18.6. Nervengeschichten... fremde Bohnen sahen mich aus dem
Spiegel an - unbedingt Abstinenz üben!
-21.6. Für diesen Satz hätte ich Karl May geliebt: "Winnetou
starb, ließ sich jedoch nichts anmerken." Etwas geweint, Brandy
durch Strohhalm.
-30.6. Reimepos erwogen. Anfangs Lob der Frau, dann müßte Schil-
derung der Begegnung mit einem Nilpferd folgen oder Himmel-
fahrtswitz. Schlußformel könnte sein: "Und ein nackter Mann
stand tumb dabei." In der Küche vergeblich nach Cherry-Rest
gesucht, daher "Schimpansenbar". Halmasteinchen gekotzt,
Personalausweis verkauft.
-2.7. Stimme aus der Steckdose gehört. Werde ich wahnsinnig?
Wein, Wein.
-11.7. Seit heute zwei Stimmen. Eine sagt "Puppenhuhn", die
andere "Paradieswurst". Trotziges Trinken, aber doch Furcht.
-12.7. Wenn ich J.S. Bach wäre, würde ich folgenden Satz vertonen
(Kantate): "Ich bleibe oft lange auf, trinke viel und schäme
mich für alle"; elterliche Hausbar vorgeknöpft, wieder Notarzt.
-17.7. Nachmittags weinender Mann vor der Haustür. Wehe, wehe,
ich war es selbst. Strenger Cocktail, schließlich wieder Mut.
Ab 20 Uhr wieder gewissenhaft getrunken. Wohin sind die Tage,
wo Wasserlassen eine Selbstverständlichkeit war?
-18.7. Gegen Abend in völlig fremden Kleidern aufgewacht. Starker
Wunsch, etwas über Hamster zu schreiben. Persiko-Trinkkur
begonnen.
-29.7. Unleserliche Flammenschrift am Himmel; schon wieder diese
Bolzen im Teppich. Eierlikör.
-31.7. Das Geräusch aneinanderklirrender Weinflaschen lockte
mich gestern Abend in den Nachbargarten. Zunächst geduldet,
trank ich allen süßen Wein. So wie ich aber anfing, den Nach-
barn von Schrödingers Katze und den Wundern der Quantenwelt zu
berichten (wobei ich bedauerlicherweise bis zum Ellenbogen
im Dekolltee der Tochter des Hauses stecken blieb), warfen sie
mich über die Hecke. Mildtätige Zwerge fanden mich und pflegten
mich in ihrer Höhle gesund.
-1.8. Geträumt: nach 37 Jahren erstmals wieder aus dem Fenster
geschaut. Die Landschaft hatte sich stark verändert, der Fluß
trug sogar Koteletten.
-5.8. Mit Person, an die ich mich nicht erinnern kann (Henriette?
Hans?) irgendwie über Land gegangen. Wir liefen bergab durch
Gärten hindurch. Oder dran vorbei. Wir legten uns nach reif-
lichen Überlegungen an den Straßenrand und versuchten, zu sterben.
Auf den Tod wartend schauten wir in die Luft. Die Fliegen flogen
verkehrt herum und sahen aus wie große Damen. Auf dem Heimweg
Glossolalie: indogermanische Trinklieder mit leicht schlüpf-
rigen Kehrreimen. Champagner!
-23.8. Heute den vierten Tag bei herabgelassenen Jalousien und
Kunstlicht in der Wohnung, meist im Bett. Hatte mir große
Inspiration von solcher Lebensweise versprochen (etwa wie H.P.
Lovecraft), bis jetzt aber nur mit Voodoo-Puppen herumgefudelt.
Rechter Hausschuh ins Klo gefallen. Danziger Goldwasser bis zum
Erbrechen.
-4.9. Seit Wochen nur über moderne Physik und das Bermudadreieck
gelesen. Spüre, wie mein Leben wieder einen Halt bekommt. Im
Kaufhof haben sie neue Rolltreppen. Leberwerte verheerend. Am
leicht geöffneten Fenster verbrachte ich im Clubsessel sitzend
eine der glücklichsten Zeitspannen meines Lebens.
-6.9. Brief vom Wiener Verleger. Muß echt sein, Henriette sieht
ihn auch. Einladung zur Lesung. Große Angst vor weiter Reise,
"Mut angetrunken", Rasierapparat und einzig gute Hose ruiniert.
-12.9. Eine Woche lang mit Henriette verreist gewesen. Nach der
Rückkehr erfahren, daß wir in der Bretagne waren und nicht, wie
ich irrtümlich annahm, in der Toskana. Wieso aber bekomme ich
heute eine Ansichtskarte von uns aus Florenz? In Jeans Weindepot
alle Reste ausgetrunken, nachdenklich.
-14.9. Sitze im Zug nach Wien. Henriette hat Affäre mit VHS-
Kursleiter. Soll ich lieber in Wien bleiben? Habe mir elegantes
Halstuch im Hemdkragen installiert. Markenwodka aus der Ther-
moskanne. Sehr weltmännisch, jedoch Fahrkarte verloren.
-15.9. Wieder zu Hause. Anzeigen wegen Schwarzfahrens, Belei-
digung und Sachbeschädigung. Desolater Zustand. Versucht, von
Streifenpolizisten erschossen zu werden. Nur Ohrfeige erhalten.
Immerzu geschrien: "Ich sterbe, ich sterbe!" Zur nächsten
Lottoannahmestelle geschleppt, Magenbitter auf Kredit.
-19.11. Durch jenseitige Beeinflussung Schlager geschrieben:
"Ball-a-Ball-a-Ball-Ball-a-Ball ... (etc.), der Blumenhund anbei,
so find ich euch, dem treff ich euermaßen an (quella) - Kwu
Kwäck-Ball-a-Ball-a-Ball-a-Ball ... (etc.) Und die Hirten-
mädchen lesen: So bist du du du mit deinem Blarr Blamm Blu-
menhund (wiederholen)"
Mit abnehmenden Flascheninhalt kristalliert sich die Melodie
heraus. Erregt, Zierleisten abgebrochen.
-28.11 Religiöser Exzeß, Hausrat auf die Straße gestellt.
Schlaflos, brünstige Abstinenz.
-29.11 Zwangsvorstellungen bezüglich Nachfolge Christi sind
abgeklungen. Viehisch besoffen.
-1.12. Unbekannte Frau in der Fußgängerzone verbot mir, in ihren
Armen zu sterben. Wenig schöne Szene. Danach Glühwein und rück-
sichtslose Kirchenkritik auf dem Weihnachtsmarkt. Schürfwunden.
-3.12. Im Keller sitzen seit ein paar Tagen zwei alte Männer
unter einer Abdeckplane und essen schreckliche Butterbrote.
Zwischendurch gehen sie hinaus (in Unterhemden) und schlagen
mit großen Hämmern auf die Treppe. Betroffenheit meinerseits,
nicht länger vor marokkanischem Wein zurückgeschreckt.
Wadenkrampf.
-6.12. Die Flasche ist 2 Monat und 15 Tagen nicht so leer gewesen.
-28.12. Alkohol wirkt nicht mehr bei mir. Vor einer Stunde Gift
genommen. Enttäuschung: es wirkt auch nicht, Scheiße!
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